Zwangsarbeit im Rhein - Neckar - Raum. Ein Projekt an der IGMH

 


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Heidelberg-Lärchengarten

 

   

  

André Ledoux



Waldlager Lärchengarten, hoch über Ziegelhausen


Wohnte 1944 im Dorf  Sainte-Pôle bei  Baccarat, war später Bürgermeister seines Heimatdorfs.
Gestorben im Sommer 2004.

Vgl. das Tagebuch von Herrn Ledoux: Tagebuch Ledoux

 

 

André Ledoux (links)  und Maxime Beausset  im Frühjahr 2004 in Heidelberg. Beausset war im benachbarten Holzfällerkommando in Schönau.

 

 

Die Razzia in Ste. Pôle :
Wir hatten nicht viel Zeit. Gegen 14.30 und 14.45 kam der Ausrufer der Gemeinde und hat gesagt, dass wir zum Sägewerk de la Forge gehen müssten. Das ist ein Sägewerk ungefähr 800 Meter von hier. Wir sollten Verpflegung für einige Tage mitnehmen. Wir sind weg gegangen so wie wir waren, wir hatten keine Zeit uns umzuziehen. Ich bin mit der Kleidung weggegangen, die ich anhatte.

 

 

Ich bin so schnell weggegangen, ich hatte als Schuhe solche Gummistiefel. Nach zwei Wochen waren sie futsch, ich musste sie reparieren lassen, und da haben sie mir Schuhe mit Holzsohlen gegeben. Ich habe sie bezahlt, das war nicht umsonst, das war gegen Bezahlung, wie viel weiß ich nicht mehr. Und von dem Sägewerk, dem Sägewerk Danichert, hat man uns nach Badonviller gebracht in die Keller der Schule, wo wir übernachten mussten.

 

Ankunft in Heidelberg
Der Zug hielt an wir waren in dem Zug seit Hemingen, er hielt auf einer Brücke. Es hatte Fliegeralarm gegeben. Die Leute verschwanden in den Unterständen, und wir sind in dem Zug geblieben. Es fielen keine Bomben. Der Alarm war zu Ende, wir verließen den Zug in Heidelberg, und sie haben uns zur Universität gebracht.
Das war ein großer Saal, wir haben auf Stroh geschlafen, da war der Boden, darauf Stroh. Es waren viele Menschen aus all den Dörfern von Raon l’Etape an, aber die Zahl weiß ich nicht.
Wir blieben dort zwei, drei Tage. Am Morgen des 14.November gingen wir durch eine
ärztliche Visite, es waren mehrere Ärzte mit einem Fragebogen. Und dann fragten sie, was für eine Arbeit man konnte. Mehrere Leute fragten und nacheinander.

Und da haben wir gesagt, dass wir in den Wald oder in die Landwirtschaft gehen könnten. Da hat man uns in den Wald geschickt.
Sie haben alles auf Karten geschrieben.
Dann haben sie uns zu Fuß nach Ziegelhausen geführt ins Haus eines Försters. Das war Gerhauser, ein Revierförster. Er war dick und groß, mindestens 50 Jahre alt. Seine Frau war auch dick. Sie wohnten in Ziegelhausen, und wir waren bei ihm einquartiert. Wir haben nachts auf dem Speicher im Heu geschlafen. Da hat uns seine Frau einen Milchkaffee gegeben. Wir waren fünfzehn zusammen .

 

Das Lager Lärchengarten
Am Morgen des 15.November sind wir mit einer Wache auf den Gipfel des Berges hinaufgestiegen, wo sich unser Lager befand. Unser Lager hieß Lärchengarten. Unter uns fünfzehn wurden zehn in einer Baracke untergebracht, die nur aus Stützbalken und Brettern bestanden. Das Dach war mit Dachpappe bedeckt. Der Fußboden war der auf dem Boden und die Außenwände hatten Ritzen, die die Kälte durchließen.
Der Wind ging durch. Obwohl wir einen Herd zum Kochen hatten, war es nicht warm. Wir haben sehr gefroren. Die Baracke war etwa 10 Meter lange und fünf Meter breit, geteilt in zwei Räume

So sieht der Platz des Waldlagers  oben auf dem Berg  über dem Neckartal heute aus!

 

 

 

Einrichtung der Baracken

In dem einen waren 10 Stockwerksbetten. Für die Abend gab es in der Baracke eine Lampe mit Petroleum als Brennstoff. Man blieb aber nicht lange auf, man ging schlafen.
Der Winter war so kalt, es gab viel Schnee. Die Baracke war aus Brettern gemacht, aber zwischen den Brettern gab es Ritzen, das war kalt. Wir schliefen auf Betten aus Brettern, darauf  lagen Strohsäcke, die völlig platt gedrückt waren. Da hatten vorher Russen darauf geschlafen. Das Stroh war völlig zu Staub geworden. Dann hatten sie eine Decke hergebracht, eine Decke für jeden, so eine dünne graue Decke. Ich legte die Hosen unter den Kopf, wir hatten kein Kopfkissen. Alle anderen Kleidungsstücke legte ich auf diese Decke, alles was ich hatte.
Der Ofen war nicht in dem Raum, in dem man schlief, denn die Baracke war in zwei Teile geteilt. In unserem Schlafzimmer waren wir zu zehnt, fünf unten und fünf oben. Die oben schliefen, waren dicht unter der Decke. Ich war unten unter dem Staub, der von dem über mir herunterfiel.
In dem anderen Raum standen ein Herd, ein Tisch und zwei Bänke. Für den Ofen mussten wir altes Holz suchen. Das war das erste, was sie uns machen ließen, als wir angekommen waren: totes Holz suchen. Und dann hatten wir ja eine große Säge, um im Wald zu arbeiten, wir sägten uns ein wenig von dem Holz ab und nahmen es mit. Das hat der Koch gemacht.
Die anderen fünf waren in einer zweiten Baracke untergebracht. Einer von ihnen wurde zum Koch ernannt. In dieser zweiten Baracke war die Küche. Diese Baracke war kompakt gebaut, die war zementiert, mit Mauern. Oben drüber waren auch Bretter

 

 

 

 

 

Verpflegung und Hygiene

Sie haben gefragt, ob es jemand gäbe, der für die anderen kocht, für die anderen, die im Wald arbeiten. Er musste für die vierzehn kochen. Und dann brachte er uns das Essen, wenn wir im Wald ziemlich entfernt arbeiteten. Wenn es nicht so weit war, dann kamen wir zu Mittag zum Essen in die Baracke .Als wir ankamen, lag da ein Haufen Kartoffeln in der Ecke der Küche. Sie sagten „Das ist für einen Monat!“ Also haben wir Kartoffeln gegessen. Und dann nach zwei Wochen war nichts mehr da. Wir haben verlangt, dass sie uns welche geben. Aber sie haben uns Rüben gebracht, die erfroren waren. So haben alle Durchfall gekriegt. Ich hatte nicht so viele Beschwerden, aber  es gab andere die ein Problem mit dem Durchfall hatten und Koliken bekamen. Und manche wollten die erfrorenen Rüben nicht essen, so haben sie Brot gegessen, und dann gab es auch kein Brot mehr.
Da ich ein wenig Deutsch gesprochen haben, bin ich schließlich an den Sonntagen in die Dörfer gegangen, um Kartoffeln zu kaufen bei den Bauern. Wir hatten ein wenig Geld, das hatten sie uns gegeben. Später sind dann nochmals Kartoffeln gebracht worden. Wir hatten da kein Wasser. Wir gingen es holen mit einer Tonne, die auf einem Gestell mit Eisenrädern befestigt war, an einer Quelle, die etwa 200 Meter entfernt war. Man musste zu zweit sein, um den Wagen auf einem Pfad über Baumwurzeln zu ziehen. Das Wasser war für die Küche und für das Waschen. Das mussten wir etwa alle zwei Tage holen. Es gab kein Ungeziefer, nein, es war Winter, es war vielleicht zu kalt. Aber es gab keine Toiletten. Wir gingen in den Wald, wo wir ein Loch gegraben hatten, so zwanzig Meter von der Baracke, dort musste man hin. Nachts, wenn es ein kleines Geschäft war, ging man nicht so weit...

 

 

Die Arbeit

Vom 16. November an kam ein deutsche Holzfäller, um uns zur Arbeit zu führen und uns zu befehlen. Wir mussten in der Umgebung der Baracken arbeiten. Ich glaube, dass wir für die Gemeinde Ziegelhausen gearbeitet haben. Von jetzt kam jeden Morgen (außer Sonntag) der Holzfäller und holte uns zur Arbeit, am Abend ging er wieder weg. Er hieß Georg Sauer und war aus einer Ortschaft in der Nachbarschaft, nicht aus Ziegelhausen. Dann waren wir allein. Wir mussten Bäume fällen, entästen und schälen und danach die Stämme mit Ketten über den Schultern den Berg hinunterziehen bis an den Rand eines Weges. Die Forstverwaltung hinterlegten unsere Lebensmittelmarken bei einem Kaufmann in Ziegelhausen. Wir stiegen einmal in der Woche hinunter nach der Arbeit zu mehreren hinunter um unsere Verpflegung zu holen bei dem Kaufmann. Wir waren ganz isoliert, nur der Forstwart kam zu uns. Nur mit einer Gruppe von Vogesenleuten, die ihr Lager in Ziegelhausen hatten, haben wir ein paar Mal Kontakt gehabt. Die haben auch im Wald gearbeitet. Abends hat man seine Arbeit gemacht, man hat sich gewaschen, man hat gegessen. Einer hatte Spielkarten dabei. Aber wir waren müde, wir gingen ins Bett. Das war vielleicht am Samstagabend, wenn man spielte. Wir fingen sehr früh am Morgen zu essen an und hörten erst gegen ein Uhr Mittag auf.

Frage: Konnte man Feuer machen, um sich zu wärmen ?

Nein, ich erinnere mich nicht, nein, kein Feuer. Es gab welche, die mit dem Beil gearbeitet haben, wir hatten damals keine Entrindungsmaschinen. Sie begannen da einzukerben, und dann andere, welche mit der großen Säge sägten. Andere trennten die Äste ab ebenfalls mit Beilen..

 

 

Markierungsstein im Wald

Und dann musste man die Tannenstämme entrinden. Ich habe die Stämme entrindet, weil ich das als richtiger Bauer gekannt habe. Ich habe versucht Bäume zu fällen, aber das war ich nicht gewöhnt. Es war ein deutscher Zivilist bei uns, ein Forstwart, der uns überwachte, das war Georg Sauer. Er war nicht böse, er war auch nicht sehr intelligent. Er gab uns nur wenige Sachen, er hatte selber nicht viel Er kam jeden Tag mit dem Fahrrad, er wohnte in einem Dorf in der Nähe, ich weiß nicht mehr wo. Er arbeitete ebenfalls und befahl uns auch, er überwachte uns, und abends ging er heim.

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vielleicht ist die heutige Forsthütte die " zweite Baracke", die damalige Küchenbaracke der Franzhosen.

 

 

 

F: Hat man es sonntags bei Bauern zu arbeiten versucht?
Ja, wir haben für Bauern gearbeitet. Ich habe im Garten geholfen bei Bauern im Tal. Das war eine Frau, ihr Mann war im Krieg, sie war mit den Kindern allein, Ich war ein wenig im Garten, zum Umgraben, auch um Holz zu machen. Das war zwei oder drei Mal an Sonntagen .Ich war in Ziegelhausen, denn ich hatte da Kameraden und auch einen auf der anderen Seite in Schönau. Aber es gab auch andere in Ziegelhausen, aber die waren in Häusern untergebracht, nicht in Baracken.
F: Sind Sie am Sonntag nicht  in die Kirche gegangen?
Es gab welche, die von Zeit zu Zeit zur Kirche gingen, aber es war weit. Und einmal, als wir dort waren gab es einen Luftalarm. Sie haben gesagt: „Alarm, ihr müsst gehen!“ Einmal habe ich und zwei Kameraden auf der Haut rote Pusteln bekommen. Wir sind zum Arzt gegangen. .Der hat uns dann in die Universitäts-Hautklinik geschickt. Da waren wir einen Tag lang, abends mussten wir wieder zurück in die Baracke. Und einige Tage später mussten wir dann nochmals hin.

 

 

F: Sie sind da geblieben, bis die Amerikaner kamen?
Ja, als sie bombardiert haben, ganz nah haben sie bombardiert. Wir haben das gesehen, die Flugzeuge die angriffen. Denn wir waren oben auf dem Berg: Die Flugzeuge sind gekommen, da war ein Zug im Tal unten, die Amerikaner haben ihn mit Maschinengewehren angegriffen. Wir haben alles gesehen.
Und einige Tage später waren sie überall, es war vorbei. Am ersten Tag sind wir dann nach Wilhelmsfeld gegangen.

 

 

 

Forsthütte  Rückseite